[Rezension] Am Tag davor

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1936

von Sorj Chalandon

Originaltitel: Le Jour d´avant
Originalverlag: Bernard Grasset, 2017
Aus dem Französischen von Brigitte Große

Erscheinungstermin: 18. April 2019
Hardcover,
320 Seiten,

ISBN: 978-3-423-28169-0
EUR 23,00 € [DE], EUR 23,70 € [A]
eBook D & A: EUR 19,99

Verlag und Quelle für Bild, Autorenbeschreibung sowie Klappentext: dtv Literatur

 

der Autor:

Sorj Chalandon, geboren 1952 in Tunis, war viele Jahre lang Journalist bei der Zeitung ›Libération‹ und ist seit 2009 Journalist bei der Wochenzeitung ›Le Canard enchaîné‹. Seine Reportagen über Nordirland und den Prozess gegen Klaus Barbie wurden mit dem Albert-Londres-Preis ausgezeichnet. Auch sein schriftstellerisches Schaffen wurde mit nahezu allen großen französischen Literaturpreisen gewürdigt. Er veröffentlichte zunächst die Romane ›Le petit Bonzi‹ (2005), ›Une promesse‹ (2006, ausgezeichnet mit dem Prix Médicis) und ›Mon traître‹ (2008). ›La légende de nos pères‹ (2009) erschien 2012 als erstes Buch in deutscher Übersetzung u.d.T. ›Die Legende unserer Väter‹. Der folgende Roman ›Retour à Killybegs‹ (2011; dt. ›Rückkehr nach Killybegs‹, 2013) wurde mit dem Grand Prix du roman de l’Académie française 2011 ausgezeichnet und war für den Prix Goncourt 2011 nominiert. Auch der Roman ›Le quatrième mur‹ (2013; dt. ›Die vierte Wand‹, 2015) war für den Prix Goncourt nominiert. Sein semiautobiografischer Roman ›Profession du père‹ (2015; dt. ›Mein fremder Vater‹) wurde mit dem Prix du Style ausgezeichnet

Klappentext:

„Der Tag vor der Katastrophe: Der 16-jährige Michel fährt mit seinem geliebten großen Bruder Joseph auf dem Moped durch die Straßen seiner französischen Heimatstadt. Gemeinsam fühlen sie sich unbesiegbar. Am Tag darauf kommen bei einem Grubenunglück 42 Bergmänner aufgrund eines fatalen Fehlers der Werksleitung ums Leben – Joseph stirbt infolge seiner Verletzungen. Michel flüchtet sich nach Paris, auch um die Worte des Vaters zu vergessen: »Du musst uns rächen!« Sein Schmerz aber vergeht nicht, und so beginnt Michel Jahre später einen Rachefeldzug. Noch weiß er nicht, dass die Nacht vor dem Unglück anders war, als er es in Erinnerung hat.“

Meinung:

Am Tag davor“ ist die Geschichte eines Jungen, der in jungen Jahren seinen Bruder verliert. Durch einen Brief seines verstorbenen Vaters mit Rache an der Zeche für diesen herben Verlust beauftragt, kennt sein Leben nur ein Ziel: den oder die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen.

Selten hat mich ein Buch so zwiegespalten zurückgelassen. Und ehrlich gesagt, war es für mich auch wirklich anstrengend zu lesen.

Einerseits haben wir eine Geschichte über Bruderliebe. Sie erzählt von Erinnerungen, glücklichen Tagen – trotz schwerem Los und bedingungsloser sowie vor allem erwiderter Liebe. Das Verhältnis zu seinem Bruder, aber auch seiner späteren Frau wird so emotional geschildert, dass eine wirklich tiefe Atmosphäre entsteht. Man spürt sowohl die bodenlose Zuneigung zu den beiden, gleichzeitig jedoch auch die Trauer um deren Verlust. Gleichzeitig merkt man schnell, dass sein ganzes Leben nur auf Dingen wie Hass, Rachelust und Trauer basiert. Stimmungstechnisch ein sehr gelungenes Werk! Man spürt die Dunkelheit, Trauer und Gram in jeder Zeile.

Andererseits konnte ich mich mit dem Schreibstil auf Dauer leider nicht anfreunden. Durchgehend kurze Sätze lassen alles abgehackt wirken. Irgendwie läuft alles getreu dem Motto „Subjekt, Prädikat, Objekt, Punkt“. Zu viele und zu lange Schachtelsätze sind zwar absolut nicht das Gelbe vom Ei, aber auf Dauer war das Knappe für mich einfach anstrengend. Dazu kamen viele Wiederholungen einzelner Themen, gerade im letzten Teil des Buchs. Verschiedene Personen wiederholen Teile des Geschehens wieder und immer wieder und auch Michel selbst ist in seiner Welt und seinen Gedanken gefangen, so nimmt auch er uns mit in seine immer wiederkehrende Gedankenspirale.

Hinzu kommt, dass der Autor mit ein paar Überraschungen punkten will, die ich jedoch schon geahnt hatte und auch hier somit effektiv nichts Neues für mich herumkam.
Es tut mir leid, aber obwohl es sich um ein ernstes, wichtiges und vor allem reales Thema handelt, dem definitiv Beachtung gebührt, konnte Sorj Chalandon mich persönlich leider nicht abholen. Vielleicht werde ich bei Gelegenheit ein anderes seiner Werke antesten.

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