[Rezension] Cinderella

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Quelle: Atrium

Cinderella 

von Michael Bijnens  

Originaltitel: Cinderella
Originalverlag: Uitgeverij Atlas Contact, 2015 
aus dem Niederländischen von: Heike Baryga 

Erscheinungstermin: 08. September 2017 

Hardcover, 
480 Seiten, 

ISBN: 978-3855350216
€ 25,00 [D] | € 25,70 [A] 

Verlag: Atrium






Klappentext: 

Ein Sohn, eine Mutter, eine unfassbare Geschichte: Die Mutter arbeitet in Antwerpen in einem Haus, vor dem sich zwei Straßen kreuzen: die Paradiesstraße und der Friedhofsweg. Das Haus hat einen Namen: Es heißt Cinderella. Die Mutter arbeitet dort als Prostituierte, während ihr trauriger und wütender Sohn alles daransetzt, sie aus diesem Milieu herauszuholen. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, denn die Mutter weigert sich beharrlich, einer anderen Arbeit nachzugehen. Schließlich setzt der Sohn alles auf eine Karte: Er kauft Cinderella, um ab sofort an der Kreuzung zwischen Paradiesstraße und Friedhofsweg die Geschicke seiner Mutter selbst in die Hand zu nehmen.


Zitate:

Vergiss es. Ich düse jetzt nicht nach Berchem, um mich auf einen Behinderten zu hocken. Ich bin eine Hure und nicht die Heilsarmee. Seite 24

„Der Erste, der mich nicht bezahlen konnte, das war dein Vater“, rief sie in die Dunstglocke von Nikotin, Blut und Sperma hinein, die uns zu umgeben schien.“ Seite 46

„Bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr war ich ein lästiger Floh im Fell der Schule. Danach gab ich mir alle Mühe, ein unausstehlicher Floh im Fell der ganzen Welt zu sein.“ Seite 85


Meinung: 

„Cinderella“ ist die Geschichte über Michaels Leben. Das Leben mit einer Prostituierten als Mutter und so manchen Berührungspunkten mit einigem wirklich üblem Mist.
Sex, Gewalt, Kriminalität, Drogen und Missbrauch sind für ihn alltäglich, selbst seine Kindheit blieb da nicht verschont…

Zugegeben, als ich den Klappentext zum ersten Mal gesehen hatte, war ich sehr neugierig, obwohl mir sofort bewusst war, dass dieses Buch stark polarisieren wird.
Nun habe ich es beendet und bin mir sicher, dass es die Leserschaft definitiv noch mehr spalten wird, als angenommen…

Prinzipiell neige ich dazu, die Geschichte zu dritteln 😉


Das 1. Drittel ist etwas gewöhnungsbedürftig. Michael erzählt seine Geschichte und erklärt, wie es dazu kam, ein Bordell zu eröffnen und seine Mutter anzustellen, um sie zu retten…
Besonders die Ausdrucksweise wird dem ein oder anderen auffallen, denn sie ist definitiv ziemlich derbe gewählt und beinhaltet sowohl so manchen Fluch als auch Kraftausdruck. Diese wird auch im kompletten Verlauf beibehalten und gestalten sich stellenweise auch recht brutal, die Geschichte ist somit nichts für zartbesaitete Gemüter. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das nicht jeder Leser abkann.
Dazu kommen Details aus Michaels Kindheit. Seine Mutter hat sich nie wirklich um ihn und seinen Bruder gekümmert, dafür haben sie Sex, Alkohol, Drogen und der kontinuierliche Männer- und somit Wohnungswechsel zu sehr auf Trab gehalten. Ernährt hat er sich dadurch, seiner Mutter Geld zu klauen, um Nahrung zu kaufen. Und auch seinen Charakter hat diese Zeit extrem geprägt. Es wäre sogar etwas untertrieben, ihn einfach nur als unsympathisch zu bezeichnen. Er quält seinen Bruder und auch seine Mitmenschen. In der Schule usw., fällt er nicht unbedingt durch Nettigkeit auf. Mir kam es so vor, als würde der Autor den Hauptcharakter absichtlich wie einen Proll erscheinen lassen, aber ich kann mich natürlich irren 😉
Das Schwierigste an diesem 1. Drittel sind jedoch die Sprünge, die gemacht werden. Zeitlich gesehen, beginnen wir kurz vor der Übernahme des Cinderella. Aber ab diesem Moment springt er in der Zeit, um seine Geschichte zu erzählen. Dadurch, dass ich eigentlich immer versuche, die ersten 100 Seiten eines Buches am Stück zu lesen, kam ich gut zurecht. Aber bei Lesern die mehr stückeln, könnte ich mir vorstellen, dass der Einstieg sich deutlich schwieriger gestalten wird.

Das 2. Drittel war für mich bedeutend angenehmer zu lesen. Hier nimmt die Geschichte Fahrt auf und beinhaltet auch so manche unfassbare Wendung. Dazu kommen ein paar Schlagabtausche, die mich ein paar Mal schmunzeln ließen. Es ist zwar nach wie vor ein Stück weit schwierig, ein so brisantes Thema mit Humor zu verknüpfen, aber hier ist es Michael Bijnens definitiv gelungen. Seine Darsteller sind stellenweise einfach – nennen wir es mal- skurril bzw. schräg, und die derbe Ausdrucksweise passt dazu zumeist ziemlich gut.

So, nun kommen wir zum letzten und für mich schwierigsten Drittel. In diesem hat mir der Autor an manchen Stellen etwas zu weit ausgeholt, so dass die Spannung für mich etwas verloren ging. Generell ginge das noch, aber auch die Stories die erzählt, werden immer brutaler und auch abenteuerlicher. Ein paar Details empfand ich als etwas unglaubwürdig, ganz so, als hätte der Autor versucht, noch eins und noch eins draufzusetzen. Für mich wäre hier etwas weniger mehr gewesen. 
Dazu kommt, dass das Ende wirklich schräg ist und auch etwas abrupt. Einige Handlungsstränge zu denen ich mir eine Auflösung gewünscht hätte, laufen ins Leere, wohingegen andere für meinen Geschmack nicht so deutlich hätten ausgeschmückt werden müssen.

Alles in allem war „Cinderella“ für mich etwas völlig Neues und auch Anderes. Wer keine Probleme mit Kraftausdrücken und einer derben Ausdrucksweise hat, ist hier auf jeden Fall gut bedient, denn lesenswert ist dieses Buch definitiv!
Wer also keine Angst vor einer Geschichte über Gewalt, Kriminalität, Drogenmissbrauch uns Sex hat, kann zugreifen! 
Ach ja, Englischkenntnisse sind absolut von Vorteil, da die amerikanisch Prostituierte Evangeline ziemlich viel in ihrer Muttersprache von sich gibt 😉

mein Fazit: 

                                 3 von 5 Sternen


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1 KOMMENTAR

  1. Hallo Jacqueline,
    bei dem Cover musste ich erst einmal an das Märchen Cinderella denken. Dazu das etwas heruntergekommene Gebäude: Das hat mich neugierig gemacht. Die ersten Worte deiner Rezension klangen schon so, als würde den Leser hier eine Geschichte erwarten, die nicht immer so leicht zu verdauen ist. Die Zitate haben mich schlucken lassen. Da war ich mir nicht mehr so sicher, ob das ein Buch für mich ist.

    Deine Worte haben bestätigt, dass der Umgangston und auch die Geschichte nichts für zartbesaitete Leser/innen ist. Was meine Neugierde entfacht hat, war die Tatsache, dass es sich hier um eine etwas andere Geschichte handelt, die nicht verschönigt.

    Allerdings denke ich, dass ich nicht zu dem Buch greifen werde. Die Zitate alleine waren mir schon etwas zu derb.

    Dennoch: Eine sehr gelungene Rezension, die meine Neugierde auf das Buch geweckt hat.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

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