Amy & Matthew – Was ist schon normal?

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Amy & Matthew – Was ist schon normal?
von Cammie McGovern  

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Originaltitel: Say what you will
Originalverlag: Pan Macmillan Childrens
aus dem Amerikanischen von: Beate Brammertz

Erscheinungstermin: 30. März 2015
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag
352 Seiten, ab 14 Jahren; 13,5×21,5cm
ISBN: 978-3453269163
€ 14,99 [D] | € 15,50 [A] | CHF 20,50 * (*empf. VK-Preis) 
ebook € 11,99 [D] | CHF 15,00 * (*empf. VK-Preis) 

Verlag: heyne>fliegt


die Autorin:

Cammie McGovern hat bereits Kurzgeschichten und drei Romane für Erwachsene geschrieben, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. AMY UND MATTHEW ist ihr erstes Jugendbuch. Die Autorin ist Mitbegründerin von WHOLE CHILDREN, eine Organisation, die Kinder mit einer Behinderung im Alltag unterstützt. Cammie McGovern lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Amherst, Massachusetts. 





Zitate:

„Es wäre schön, nicht zu sabbern und so die besten Seiten in meinen Lieblingsbüchern wellig zu machen, aber ich bin alt genug, um zu wissen, dass ein bisschen Spucke nicht das Ende der Welt bedeutet.“ Seite. 23/24

„Sein Atem roch nach Pfefferminze, als wollte er einen anderen Geruch überdecken. Vielleicht Alkohol? Oder die Krankheit, die er gerade an Matthew weitergegeben hatte, als er sich zu ihm gebeugt und ihn angehaucht hatte.“ Seite 170


Charaktere:


Amy ist ein mutiges, selbstbewusstes, humorvolles Mädchen und das trotz ihrer Behinderung, die sie sabbern, spastisch zucken und sie sich nicht verbal artikulieren lässt. Sie ist sehr intelligent und somit in den meisten schulischen Bereichen besser als ihre Mitschüler. Doch leider ist sie auch sehr einsam, denn Freunde hat sie keine. Zum Teil liegt das, abgesehen von ihrer Behinderung auch daran, dass ihre Mutter ihr Leben lang ihre schützende Hand über sie gehalten und sie einerseits in Watte gepackt, aber andererseits auch immer angespornt hat, besser, schlauer und stärker zu sein als alle Anderen. So fehlt ihr von klein auf jeglicher Kontakt mit Gleichaltrigen, abgesehen von der Schule, aber selbst dort wird sie immer von einem erwachsenen Pfleger begleitet. Ihre M
utter will beweisen, dass sie es trotz Behinderung schaffen kann

Matthew ist ein sehr nachdenklicher, ruhiger Junge, der sich seit der Trennung seiner Eltern tagtäglich viele Sorgen macht. Er ist schüchtern und ängstlich, was unter anderem dazu führte, dass er Zwangsneurosen entwickelt hat. Das Waschen seiner Hände, Antippen von Spindtüren und Zählen (aber nur bei geraden Ergebnissen!) beruhigt ihn. Er hat keine Freunde denn er setzt auch alles daran, nicht aufzufallen und unbemerkt zu bleiben.

Meinung: 


Amy und Matthew sind beide „Freaks“, aber jeder auf seine eigene Weise. Während Sie mit ihrer Behinderung leben muss, ist er ein Zwangsneurotiker. Beide wünschen sich nichts sehnlicher als „normal“ zu sein, dazuzugehören, sowie anerkannt und toleriert zu werden. Und so finden sie sich letzten Endes gegenseitig… Matthew bemerkt, obwohl er sie seit Jahren (zumindest vom Sehen her) kennt, erst an ihren Mails während seiner Bewerbung, wie nett und lustig sie eigentlich ist. So kommt es dazu, dass sie sich gegenseitig in ihrem Freaksein helfen. Er lädt ihre Akkus und trägt ihre Sachen, sie versucht ihm seine Ängste zu nehmen und mit kleinen Teilschritten seine Zwangsneurosen zu bekämpfen. Aber damit heilt sie sich ein Stück weit auch selbst. Zum allerersten Mal in ihrem Leben, kann sie HELFEN, statt immer nur geholfen zu bekommen. Wagemutig und mit viel Geschick, stürzt sie sich in diese Aufgabe um ihren ersten und bis dato einzigen Freund zu unterstützen und ihm zur Seite zu stehen. Die gemeinsamen Tage lassen beide ein normaleres Leben führen. Mit ihr fühlt er sich so gut, dass sogar die nervige Stimme in seinem Kopf verschwindet, und sie blüht in seinem Beisein auf und fühlt sich lebendiger als je zuvor. Könnten sie gar ihre gegenseitige Rettung sein?


Die Geschichte um Amy und Matthew zeigen uns vielerlei Dinge auf. 
Da wäre unter anderem die Tatsache, dass viele Leute sich durch Ängste oder der eigenen Selbstsicht dermaßen im Weg stehen, dass sie ebenso unter einer „Behinderung“ leiden können, wie körperlich beeinträchtigte Personen. Das gewählte Thema Zwangsneurosen empfinde ich hierbei ein sehr gut gewähltes Beispiel. 
Aber auch wie wichtig Dinge wie Toleranz, Akzeptanz und Freundschaft für jeden von uns sind, genauso wie das Vermögen Ängsten entgegenzutreten und das Leben so zu nehmen, wie es nunmal ist. Mit seinen guten, aber auch seinen schlechten Seiten… Aber was noch wichtiger ist, vielleicht lässt es den einen oder anderen darüber nachdenken, wie wichtig und oft auch einfach es sein kann, die Augen nicht zu verschließen und anderen zu helfen, die eventuell in einer Situation stecken, in der Hilfe vonnöten wäre. Auch, wenn es sich nur um ein geliehenes Ohr handelt – das kann oftmals schon viel bewirken.

Die Geschichte läuft großteils über Dialoge zwischen 2 Personen, verbal oder per Mail, sowie den Gedanken Amys oder Matthews zu den einzelnen Geschehnissen ab, was einem das Hineinversetzen in die Ursachen, Beweggründe und die Charaktere generell mehr als einfach macht. Der Schreibstil ist flüssig, gut eingängig und schaffte es, mich durchgehend zu fesseln.
Obwohl Zwangsneurosen und Angstzustände ein ernstes Thema sind, konnte ich mich oftmals nicht genug zusammenreißen und musste einfach laut lachen. Die Ängste, die in Matthews Kopf herumspuken sind zwar eigentlich ganz und gar nicht witzig, aber manchmal einfach so abgehoben und für jemanden, der sich nicht in solch einem Zustand befindet, stellenweise so ulkig, dass normales Schmunzeln nicht mehr ausreicht. Eine gehörige Portion Ironie und Sarkasmus von beiden Protagonisten sind daran natürlich nicht ganz unschuldig 😉 
Aber lest selbst! 


Amy und Matthew ist eine tolle Geschichte über viele ernste Themen wie Zwangsneurosen, Angstzustände, Behinderungen durchsetzt mit vielen positiven Attributen wie Hoffnung, Humor, Liebe und vor allem Toleranz. Sie ist einfach wunderschön zu lesen und vielleicht… ja, vielleicht regt sie manch einen zumindest so weit zum Nachdenken an, dass es nicht witzig ist, sich über behinderte Personen, seien diese nun physischer, psychischer oder krankhafter Natur, lustig zu machen. 


Einen kleinen Abzug muss ich geben, da mir das Hin und Her zwischen den beiden letzten Endes einen kleinen Ticken zu viel war und somit leider auch mal Längen hervorgerufen hat. 
Dennoch war es für mich ein tolles Buch, das ich nur jedem empfehlen kann 🙂 


mein Fazit: 
                                 4 von 5 Sternen

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