[Rezension] Wie du mich siehst

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von Tahereh Mafi

Originaltitel: A Very Large Expanse of Sea
Originalverlag: HarperCollins, 2018
Aus dem amerikanischen Englisch von Katarina Ganslandt

Erscheinungstermin: 27. November 2019
Hardcover,
352 Seiten,

ISBN: 978-3-7373-5696-1
D: € (D) 16,00 | € (A) 16,50
ebook D & A: 14,99 €

Verlag und Quelle für Bild, Autorenbeschreibung sowie Klappentext: Fischer Sauerländer

 

die Autorin:

Tahereh Mafi wurde 1988 in einer Kleinstadt in Connecticut, USA, geboren. Sie ist iranischer Abstammung und die Jüngste von fünf Geschwistern neben vier älteren Brüdern. Ihr Debütroman ›Shatter Me‹ (dt.: ›Ich fürchte mich nicht‹), der erste Band einer Trilogie, ist 2011 in den USA erschienen, wurde in über 30 Sprachen übersetzt und stand auf den Bestsellerlisten der New York Times und der USA Today. Mafi ist mit dem Filmemacher und Schriftsteller Ransom Riggs verheiratet und lebt mit ihrer Familie in Santa Monica, Kalifornien.

Klappentext:

„Zum Weinen, zum Verlieben, zum Wütendwerden
Bestsellerautorin Tahereh Mafi erzählt einen bewegenden, kraftvollen, autobiographisch geprägten Roman, der Vorurteile enthüllt und uns daran teilhaben lässt, wie Liebe alles Trennende überwindet.
Eine Kleinstadt in den USA: Shirins Alltag ist zum Albtraum geworden. Sie hat genug von den unverschämten Blicken, den erniedrigenden Kommentaren und den physischen Attacken, die sie ertragen muss, weil sie Muslima ist. Sie flüchtet sich ins Musikhören und in das Breakdance-Training mit ihrem Bruder und dessen Freunden. Shirin hat beschlossen, niemandem mehr zu trauen. Bis sie an ihrer neuen High School den Jungen Ocean trifft. Er ist der erste Mensch seit langem, der Shirin wirklich kennenlernen möchte. Erschrocken weist Shirin ihn harsch zurück. Ocean ist für sie aus einer Welt, aus der ihr bisher nur Hass und Ablehnung entgegenschlugen. Aber dann kommt alles anders …“

Zitate:

„Für mich waren Frauen immer schön, ganz egal, wie viele Lagen Stoff sie anhatten. Unterschiedliche Frauen fühlten sich nun mal in unterschiedlichen Arten von Kleidung wohl.
Aber schön waren sie alle.“ 
Seite 55

„Du verkörperst alles, was mit der Menschheit nicht stimmt“ Seite 223

Meinung:

Es ist bereits gefühlte Ewigkeiten her, dass ich das letzte Buch von Tahereh Mafi in Händen hielt. Aber schon damals hat sie mich mit ihrem ausdrucksstarken Stil an ihre Reihe gefesselt – umso mehr habe ich mich auf ihr neues Werk gefreut. Zumal die Ernsthaftigkeit des von ihr gewählten Themas mich alleine schon zu diesem Werk hätte greifen lassen.

Shirin wächst als Muslima in den USA auf. Als Hidschab-Trägerin zum einen und in der Zeit nach 9/11 zum anderen, interessiert es da niemanden, dass sie selbst aus Californien kommt.
Das Leben, die Reaktionen auf sie und das allgemeine Verhalten ihr gegenüber lässt einen als Leser sprachlos zurück – auch wenn jeder von uns eigentlich sehr genau weiß, oder sich zumindest vorstellen kann, was es für Betroffene bedeutet.
Richtig schlimm wurde es für mich aber erst, als ich selbst dachte, dass das was gerade passiert, doch bestimmt übertrieben sei – sich jedoch kurz darauf das Bewusstsein zurück gemeldet hat, dass dem eben leider nicht so ist da Rassismus heutzutage einfach nach wie vor ein großes Thema ist.
Das ist für mich in diesem Moment traurig und beschämend zugleich. Zumal wir selbst es ja auch nicht leiden können, immer auf unsere Geschichte reduziert zu werden, oder?
Andererseits muss ich leider auch zugeben, dass man, Zeitpunkt und damalige Geschehnisse einbeziehend, leider ein Stück weit auch verstehen kann, dass die Menschen Angst haben. Angst vor Terror, Angst vor Anschlägen und Angst vor Gewalt.
Jedoch ist die Art und Weise wie mit Shirin, stellvertretend für andere in ähnlicher Situation gefangene Menschen, umgegangen wird, definitiv die falsche.
Eine Gesellschaft, geprägt von Vorurteilen, Hass und noch mehr Gewalt ist keine, mit der ich mich identifizieren möchte. Anfeindungen, Angriffe und Demütigungen jeglicher Art, bis hin zu tätlichen Übergriffen sollten und dürfen keine Lösung sein.
Man kann wohl schon erahnen, dass es sich bei „Wie du mich siehst“ um keine leichte Kost handelt. Die Grundkomponente, Gefühle zwischen zwei Menschen, die gefühlt aus unterschiedlichen Galaxien stammen, ist zwar vom Prinzip her eher jugendlich angehaucht, jedoch ist Shirins und Oceans Geschichte zu keinem Zeitpunkt so locker und flockig, wie man sich das gerne wünschen würde.

Das führt mich auch zu meinem einzigen Kritikpunkt an diesem Konstrukt. Was die Charaktere betrifft, war ich ein bisschen hin und her gerissen.
Shirin ist… schwierig. Zwar kann man ihre Herangehens- und Verhaltensweisen sehr wohl nachvollziehen. Ihre antrainierte Gleichgültigkeit, ihr Unwille andere an sich ranzulassen und ihre Distanziertheit sind verständlich und haben mich, abgesehen davon, dass man Mitleid mit ihr hat, nicht gewundert. Zumal sie auch ein absolut schädliches Selbstbild von sich hat.
Dass sie versucht Ocean zu schützen und ihn dafür auf Distanz zu halten ist verständlich und eventuell vielleicht sogar löblich. Ihre Unentschlossenheit, ihr Umentscheiden und die damit verbundene fehlende Rücksichtnahme auf ihn, bzw. das Herumtrampeln auf seinen Gefühlen ist mir jedoch manchmal etwas auf die Nerven gegangen. Ein bisschen weniger hätte ich besser gefunden.
Vor allem weil einem, oder zumindest mir, bei Ocean einfach nur das Herz aufgeht. Sein Charakter ist so wunderbar und herzerwärmend, dass man mit ihm leidet, hofft und sich einfach andauernd fragt, warum er solch eine Ausdauer und ein Durchhaltevermögen an den Tag legt. Er wird vermutlich das Herz so mancher Leserin höher schlagen lassen und für den ein oder anderen emotionalen Ausbruch sorgen 😉
Auf jeden Fall wird vermutlich jeder beim Lesen an die ersten Schmetterlinge und das erste Verliebtsein denken. Alleine schon das weckt viele Emotionen und Sympathien.

Für mich ist „Wie du mich siehst“ ein absolut wichtiges Werk. Tiefgründig, emotional und voller sensibler Gedanken regt es hoffentlich zum Nach- wenn nicht sogar Umdenken an. Ich würde es mir wünschen. Denn auch in Sachen Selbstliebe kann man vielleicht noch das ein oder andere mitnehmen.

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